Den Seinen gibt´s der Herr im Schlaf
Beobachtungen zum Funktionsverständnis unserer Stadtverordneten
Bei den zahlreichen Veranstaltungen rund um die Kommunalwahl vermittelten alle bisher in der SVV (Stadtverordnetenversammlung) vertretenen Fraktionen einen sehr ähnlichen Eindruck von ihren enormen Aktivitäten während der vergangenen Wahlperiode. Aber entsprach ihre Darstellung den Tatsachen oder spielten ihnen Erinnerung und Wunschdenken einen Streich? Ich wollte es genauer wissen und durchforstete die Amtsblätter der Stadt von Mai 2019 bis Mai 2024: Welche Fraktion hat wie viele Anträge eingebracht? Wie oft sind Anträge durch das Zusammenwirken von mindestens zwei Fraktionen zustande gekommen? Welche Fraktion hat wie viele schriftliche Anfragen gestellt?
Zugegeben, ob sich eine Fraktion verantwortungsvoll für ihre Wähler eingesetzt hat, kann man nicht nur an solchen Zahlen ablesen, aber ein aussagekräftiges Kriterium sind sie schon.
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CDU
12 Sitze |
SPD
8 Sitze |
AfD
7 Sitze |
Grüne
6 Sitze |
Linke
6 Sitze |
Freie Wähler
5 Sitze |
FDP
2 Sitze |
Anträge | 12 | 47 | 15 | 40 | 38 | 40 | 6 |
gemeinsame Anträge | 19 | 27 | 2 | 21 | 20 | 16 | 14 |
Anfragen | 8 | 178 | 6 | 92 | 119 | 101 | 17 |
Diese Zahlen absolut zu nehmen, wäre dann allerdings doch zu einfach. Schließlich sagen sie nichts über die Qualität der eingereichten Vorlagen aus und schließlich muss man auch die Größe der Fraktion berücksichtigen. So gesehen können die FDP-Wähler mit der Arbeit ihrer Zwei-Mann-Fraktion zufrieden sein.
Aber was ist mit der CDU? Warum hat die größte Fraktion so wenig Anträge eingebracht? Die Antwort ist ganz einfach: Die CDU stellt den Bürgermeister und dem steht ein Verwaltungsapparat zur Verfügung, in dessen Fachbereichen die Vorlagen und Anträge erarbeitet werden, die etwa zwei Drittel der Tagesordnung der SVV ausmachen. Da muss sich der einzelne CDU-Stadtverordnete nicht auch noch die Mühe machen, seinerseits Vorlagen zu formulieren. Viele Details lassen sich ohnehin auf dem „kleinen Dienstweg“ regeln und gelangen gar nicht erst in die SVV. Zur Stärkung einer lebendigen Demokratie trägt diese Art der Arbeitsteilung allerdings auch nicht bei.
Und die AfD-Stadtverordneten? Wie ist deren geringe Antragstätigkeit zu erklären? Ich verkneife mir jede Art von Spekulation, wundere mich aber, dass ihrer Wählerschaft offenbar das Manko gar nicht aufgefallen ist. Meine Nachbarin, bekennende AfD Wählerin, wischte meine Verwunderung mit der Bemerkung beiseite: „Aber beim Thema Tierheim haben sie einen Nerv getroffen.“